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Sonntag, 10. November 2019

Denn nur mit dem Herzen sieht man gut....



ٱللَّهُ نُورُ ٱلسَّمَـٰوَٲتِ وَٱلۡأَرۡضِ‌ۚ مَثَلُ نُورِهِۦ كَمِشۡكَوٰةٍ۬ فِيہَا مِصۡبَاحٌ‌ۖ ٱلۡمِصۡبَاحُ فِى زُجَاجَةٍ‌ۖ ٱلزُّجَاجَةُ كَأَنَّہَا كَوۡكَبٌ۬ دُرِّىٌّ۬ يُوقَدُ مِن شَجَرَةٍ۬ مُّبَـٰرَڪَةٍ۬ زَيۡتُونَةٍ۬ لَّا شَرۡقِيَّةٍ۬ وَلَا غَرۡبِيَّةٍ۬ يَكَادُ زَيۡتُہَا يُضِىٓءُ وَلَوۡ لَمۡ تَمۡسَسۡهُ نَارٌ۬‌ۚ نُّورٌ عَلَىٰ نُورٍ۬‌ۗ يَہۡدِى ٱللَّهُ لِنُورِهِۦ مَن يَشَآءُ‌ۚ وَيَضۡرِبُ ٱللَّهُ ٱلۡأَمۡثَـٰلَ لِلنَّاسِ‌ۗ وَٱللَّهُ بِكُلِّ شَىۡءٍ عَلِيمٌ۬ (٣٥ 


Allah ist das Licht der Himmel und der Erde. Sein Licht ist gleich einer Nische, in der sich eine Lampe befindet: Die Lampe ist in einem Glas; das Glas gleich einem funkelnden Stern. Angezündet (wird die Lampe) von einem gesegneten Ölbaum, der weder östlich noch westlich ist, dessen Öl beinahe leuchten würde, auch wenn das Feuer es nicht berührte. Licht über Licht. Allah leitet zu Seinem Licht, wen Er will. Und Allah prägt Gleichnisse für die Menschen, und Allah kennt alle Dinge. (24:35) 

In diesem Vers beschreibt Allah sich selbst als das Licht der Himmel und der Erde. Im Qur’an finden wir immer wieder das Thema und Gleichnisse von Licht und Dunkelheit. Allah beschreibt auch den Qur’an beziehungsweise die Offenbarung als Licht:
Fa aminu bi LLahi wa rasulihi wan-nur alladhi ansalna. 
Glaubt an Allah und Seinen Gesandten und an das Licht, das Wir herabgesandt haben. Die Engel sind ebenfalls Lichtgestalten, denn sie wurden aus Licht erschaffen.

Wenn Allah Gleichnisse prägt im Qur’an müssen wir zuerst etwas begreifen: Es gibt zwei Realitäten. Es gibt die physische Realität und die spirituelle Realität, das Sichtbare und das Unsichtbare. Wir haben alle einen Körper, der ein Teil ist der physischen Realität. Aber wir haben auch noch etwas anderes in uns, das kein Arzt bei seinen Untersuchungen finden kann. Unsere Seele, unser Iman in unserem Herzen, all dies ist für unsere Augen unsichtbar. Der Herzschlag eines Muslim unterscheidet sich nicht von dem eines nicht-Muslim. Es gibt also das körperliche Herz, das das Blut durch unsere Adern pumpt und es gibt ein spirituelles Herz in einer anderen Dimension, in der Wirklichkeit des Verborgenen. Wenn Allah uns etwas begreiflich machen will, spricht er Dinge an, die wir sehen können und benutzt diese Wirklichkeiten, um uns das Verborgene zu erklären, also um geistige Naturgesetze oder Zusammenhänge greifbar zu machen.

Wir können die Ruh (die Seele, die Allah uns eingehaucht hat) nicht sehen, wir können die Engel nicht sehen, die auf unseren Schultern sitzen oder die Schaijatin, die uns einflüstern. Licht und Dunkelheit dagegen sind Dinge, mit denen wir durchaus vertraut sind. Was ist unser Erfahrung mit dem Licht?
Das Licht, das Allah für uns erschaffen hat ist die Sonne. Wenn wir die Sonne mit dem Licht vergleichen, das wir nachzumachen versuchen, werden wir niemals auch nur annähernd an Allahs Licht heranreichen. Egal wie viele Lichter wir in einer Stadt anzünden werden, der Himmel wird dunkel bleiben. Das einzige, was einen Nachthimmel erleuchten kann ist der Mond, der ebenfalls von Allah als Leuchte für uns geschaffen wurde, die das Licht der Sonne für uns reflektiert, so dass wir nicht in völliger Dunkelheit herumirren müssen. Nichts ist damit vergleichbar wie Allah die Welt erleuchtet. Auch wenn wir alles Geld der Welt darin investieren, die Welt zu erleuchten würden wir doch niemals an die Sonne herankommen. Und das von Menschen erzeugte Licht wäre nicht in der Lage, den Pflanzen die Photosynthese zu ermöglichen oder die Erde und Meere zu erwärmen oder Strom zu liefern. Allahs Licht ist unvergleichlich.

Dann ist da noch ein weiterer Aspekt. Wir brauchen 2 Dinge, um sehen zu können:  Es muss Licht vorhanden sein und unser Augenlicht muss vorhanden sein. Wenn eines davon fehlt, können wir nichts sehen. Wenn es keinerlei Licht gibt, können unsere Augen noch so gut sein, wir werden nur Schwärze sehen. Andererseits, wenn ein Blinder Mensch im hellen Tageslicht steht, kann er dennoch nicht sehen. Die Araber haben das Wort Licht nicht nur für Lampen oder ähnliches benutzt, sondern auch für die Augen, für das Augenlicht. Es gibt also zwei Arten von Licht. Eines, das wir schon in uns haben und das Licht, das von außen kommt. Und nur wenn beide vorhanden sind, können wir wirklich etwas sehen.

Wenn wir diese Erkenntnisse nun auf die unsichtbare Realität übertragen, erkennen wir folgendes:
Allah hat in jedes menschliche Wesen etwas von Seinem Licht gegeben, schon bevor es geboren wurde. Es ist das Licht der Fitra, mit dem jeder Mensch ausgestattet wurde. Jedes Baby wird rein und gut geboren und erst durch die Erziehung und die Erfahrungen die das Kind erfährt kann sich dieser Zustand ändern. Das äußere Licht in der geistigen Welt ist das Licht der Offenbarung, der Qur’an und die anderen Schriften. Es kann sein, dass ein Mensch Licht in sich trägt und sich fragt: was ist der Sinn des Lebens? Es kann doch nicht nur darum gehen, zu essen, zu schlafen und zu sterben. Es muss doch noch mehr geben. Überall auf der Welt fragen sich Menschen diese Fragen und suchen nach Antworten. Das Licht in ihnen sucht nach der Wahrheit. Und sie suchen vergeblich, bis Allah Sein Licht bringt. Ohne Allahs Licht sind sie wie Menschen mit weit aufgerissenen Augen, die in einem völlig dunklen Ort umherirren ohne Orientierung. Wenn dann Allahs Licht kommt, begreifen sie plötzlich die Realität, sie können die Wahrheit erkennen.

Wozu brauchen wir Licht? 

1.) Leben
Ohne Licht könnte kein Leben existieren, denn die Pflanzen und dadurch auch die Tiere brauchen das Licht als Energiequelle. Ohne Licht gibt es also kein Leben. Das gleiche gilt für das spirituelle Leben des Menschen. Ohne das Licht von Allahs Rechtleitung gibt es kein geistiges Leben. Menschen, die kein Bewusstsein von Allah haben sind geistig so gut wie tot. Ihr Körper funktioniert vielleicht ganz normal, aber geistig sind sie wie wandelnde Tote. Darum sagt Allah zu Seinem Propheten: um die zu warnen, die lebendig sind. Und Allah meinte damit nicht, dass Muhammad (sas) nicht vor den Gräbern predigen solle ;-) Man kann nur Menschen warnen, die noch Leben in sich haben, das Leben des Geistes durch ihr inneres Licht.

2.) Orientierung
Das Zweite wozu wir Licht brauchen ist, um unseren Weg zu finden. Wenn wir tagsüber unterwegs sind, haben wir kein Problem uns zu orientieren. Aber in der Dunkelheit wissen wir nicht, wo wir sind und wohin wir gehen, wo Osten oder Westen ist oder ob vor uns ein Abgrund lauert. Wenn wir zum Beispiel mit dem Auto unterwegs sind, müssen wir zumindest die Autoscheinwerfer anmachen, um nicht von der Straße abzukommen. Sogar die Orientierung anhand der Sterne ist auf das Licht Allahs in Form dieser Sterne angewiesen. Ohne das Licht, das Allah auch nachts in den Himmel gelegt hat, wäre keine Orientierungsmöglichkeit vorhanden. Genauso wenig kann ein Mensch Rechtleitung finden ohne Allahs Licht. Wir könnten niemals unser Ziel erreichen. Wir wüssten nicht, welchen Weg wir einschlagen sollen und wo wir am Ende hinkommen bzw. wohin wir zurückkehren. Wir würden uns vielleicht einbilden, dass wir auf der Erfolgsspur sind, während diese uns gerade ins Verderben führt. Nur Allahs Licht lässt uns sehen, was wahrer Erfolg ist.

3.) Wahrnehmung von Schönheit
Ein dritter Grund, warum wir Licht brauchen ist, dass ohne Licht, nichts wirklich schön ist! Man könnte an dem schönsten Ort der Welt sein, auf einem Berg, von dem aus man die sonnenbestrahlten, schneebedeckten Berge und sattgrünen Wälder sehen kann, das glitzernde Wasser eines klaren Sees, die bunten Blumen auf einer Sommerwiese und vieles mehr. Dieser Ort ist schon wunderschön, wenn es bewölkt ist, aber wenn die Sonnenstrahlen ihn treffen, wird er magisch. Wenn wir aber um Mitternacht wiederkämen und auf diesem Berg stünden und es gäbe keinerlei Licht, was würden wir dann sehen? Nichts! Oder wenn wir etwas sehen könnten, dann nur weil der Mond es beleuchtet mit Licht von Allah. Wenn nicht wenigstens etwas von Allahs Licht vorhanden ist, ist die Schönheit tot. Nichts ist davon übrig! Dieser Ort wäre für uns nicht nur nicht schön, er wäre auch das pure Grauen, weil die Dunkelheit uns Angst macht. Überall könnten Gefahren lauert, Abgründe, wilde Tiere, Stolpersteine, Dornen und ähnliches. So gibt es auch in der spirituellen Welt ohne Allahs Licht nur Dunkelheit, Hässlichkeit, Angst und Hoffnungslosigkeit. Im Licht von Allahs Offenbarung werden alle Dinge schön für die Gläubigen. Im Lichte des Iman können wir Schönheit in allem sehen, auch in Prüfungen und Schwierigkeiten, die wir in Geduld ertragen im Vertrauen auf Allahs Weisheit und der Hoffnung auf Seine Belohnung. Andererseits werden alle Dinge in dieser Welt, wie schön sie auch auf den ersten Blick erscheinen mögen, für die Menschen ohne das Licht des Iman sinnlos und bringen keine wahre Zufriedenheit. Es bleibt immer eine innere Leere und Unerfülltheit. Die Menschen neigen dazu zu denken, dass sie ihr Glück durch Reichtum oder Ruhm oder die Liebe finden werden, aber wenn sie das dann erreicht haben und es fehlt die Schönheit von Allahs Licht, sind sie enttäuscht, frustriert, fangen vielleicht an Drogen zu nehmen um diese Gefühle zu betäuben oder begehen sogar Selbstmord.

4.) Selbsterkenntnis
Der vierte Aspekt ist, dass wir Licht auch brauchen, um uns selbst zu sehen und zu erkennen. Ohne Licht könnten wir nicht nur andere nicht sehen, wir könnten uns nicht einmal selbst erkennen, auch wenn wir vor einem Spiegel stünden. Wir wüssten nicht ob wir schön oder hässlich sind, schmutzig oder sauber, ob an uns irgendein Insekt herumkrabbelt, wo wir sind und ob wir uns in Gefahr befinden; wir wüssten nichts über uns! Wir sind dann auch nicht mehr in der Lage, uns um den Zustand unseres Körpers zu kümmern. Wenn jemand lange Zeit in Dunkelheit verbringen müsste und sich danach sieht, würde sich selbst nicht mehr wiedererkennen können, weil sie sich nicht pflegen konnten, sich waschen, die Haare nicht schneiden oder kämmen und weil sie mit der Zeit vergessen, sie sie einmal aussahen. Allah sagt: Wa la takuna kalladhina nasu LLah fa ansahum anfusahum. Seid nicht wie die Leute, die Allah vergessen haben und Allah ließ sie sich selbst vergessen. Sie haben Allahs Licht nicht mehr in sich, also ließ Allah sie sich selbst nicht mehr richtig sehen. Sie vernachlässigten ihre geistige Entwicklung und haben ihr Licht verschüttet. Deshalb gingen ihr wahres Wesen und die Fitra verloren, so dass sie nicht mehr wissen, wer sie sind und wer sie einmal waren.

5.) Gewissheit
Ein weiterer Punkt ist, dass wir ohne Licht den Bezug zur Realität verlieren. Wir erkennen vielleicht irgendwelche Schatten und interpretieren etwas hinein, wie ein Kind in seinem Bett Angst vor einem Kleiderständer bekommt und vor Angst schreit, weil er ihn für ein Monster hält. Dann kommt der Vater und macht das Licht an und sofort wird klar: es ist nur ein Kleiderständer! Aber die Dunkelheit eröffnet Raum für Spekulationen. Es gibt keine Gewissheit ohne Licht. Die Dinge sind oft anders, als sie scheinen. In der Dunkelheit kann man die Realität nicht vom Trug unterscheiden. Wir können nicht mehr beurteilen, ob das was vor uns ist gut oder schlecht ist, was wir lieber vermeiden sollten und was wir anstreben sollten. Im übertragenen Sinn wissen wir ohne Allahs Licht nicht, ob das, worin wir verwickelt sind gut oder schlecht für uns ist. Wir haben ohne Rechtleitung kein Urteilsvermögen, das uns den wahren Nutzen oder Schaden unserer Taten zeigt. Wir denken vielleicht, dass wir gut sind und rennen in der Dunkelheit selbstbewusst durch die Gegend, um dann gegen eine Wand zu rennen oder in ein Loch zu fallen. Allah sagt über solche Menschen, dass sie die größten Verlierer sind. Sie haben ihre eigenen Maßstäbe an ihr Handeln angelegt und sind der Meinung, zu den Guten zu gehören, aber ohne das Licht des Glaubens ist alles was sie tun am Ende nur selbstzerstörerisch und bringt ihnen keinen Nutzen.

6.) Hoffnung
Ein letzter Punkt, der auch in der gesamten Weltliteratur immer wieder aufgegriffen wird: Licht ist ein Symbol für Hoffnung. Dunkelheit wird immer mit Traurigkeit assoziiert. Wenn jemand dich freut, sagt man, er strahlt. Sein Gesicht leuchtet förmlich. Während ein böser und grimmiger Mensch Finsternis ausstrahlt. Es gibt viele Sprichwörter, die das Thema Hoffnung mit Licht in Verbindung bringen: Das Licht am Ende des Tunnels, die größte Dunkelheit kommt direkt vor der Dämmerung, neuer Tag, neues Glück, es wird die Sonne wieder scheinen, heile heile Segen, drei Tage Regen, drei Tage Sonnenschein, dann wird alles besser sein…. usw. In Gegenden nahe der Pole kommt es zu Zeiten, in denen es fast immer und zeitweise immer dunkel ist. Man hat festgestellt, dass dort Depressionen weit verbreitet sind. Es gibt Dinge wie Lichttherapie, bei der die Stimmung von Menschen aufgehellt werden soll mithilfe von Licht, das die Produktion von Melatonin reguliert bzw. reduziert. Das ist Wissenschaft. In sonnigen Gegenden sind Menschen in der Regel ausgelassener und aktiver. In kalten und verregneten Gegenden sind Menschen häufiger bedrückt und mutlos. Wir sind also so veranlagt, dass Licht uns optimistisch und glücklich macht. Wenn wir im übertragenen Sinne das Licht Allahs in unseren Herzen haben in Form von Iman, sind wir ausgeglichener, hoffnungsvoller, glücklicher und beruhigter. So wie Allah sagt: Ala bi dhikri Llahi tatma’innu l-Qulub, dass die Herzen der Gläubigen ihre Geborgenheit im Gedenken Allahs finden. Ohne Hoffnung verlieren die Menschen ihren Lebensmut. Ohne die Hoffnung auf Allahs Belohnung, auf Seine ausgleichende Gerechtigkeit und das Vertrauen auf Seine Weisheit in allem was uns trifft, gibt es keine Ruhe und keinen Frieden im Leben, sondern nur Unzufriedenheit und Hoffnungslosigkeit.

Das Gleichnis der Nische

Kommen wir nun zu dem Gleichnis, das Allah uns geprägt hat. Er sagt, das Beispiel seines Lichtes ist das einer Nische, in der sich eine Lampe befindet. Die Nischen früher hatten gewölbte Wände, so wie heute noch in manchen Moscheen, so dass das Licht von der Wand abgestrahlt und im ganzen Raum verteilt wurde. So konnte schon ein kleines Licht einen Raum erleuchten. Das ist übrigens die gleiche Form wie unser Brustkorb! Der Rippenbogen ist genauso gewölbt wie eine Nische. In der Nische ist eine Lampe. Die Lampe in unserer Brust ist das menschliche Herz, in das Allah von Seinem Licht eingehaucht hat. Wenn Allah von einer Lampe redet, redet er von einer dunklen Nacht. Sonst würde man keine Lampe brauchen. Hier wird ein Bild von früher kreiert, als die Menschen in der Nacht noch keinen Strom und Straßenlaternen hatten, sondern nachts ein kleines Licht in einer Nische angezündet haben, um sich in den Wohnungen zurechtzufinden. Diese Lampe, sagt Allah, ist umgeben von einem Glasbehältnis, das so klar ist, dass es fast schon von alleine leuchtet. Sobald auch nur das geringste Licht darauf fällt sei es vom Mond oder den Sternen, funkelt und strahlt es selbst wie ein Stern am Himmel. Das ist auch wichtig, denn ein Glasbehälter um ein Feuer bleibt nicht von alleine klar und sauber. Es verrußt schnell und muss ständig gereinigt werden! Auf die gleiche Art und Weise müssen wir ständig unsere Herzen von den Sünden reinigen, damit das Licht das Glas durchdringen und für uns scheinen kann. Schaitan greift uns ständig an in unseren Brüsten um uns von Allah abzulenken und unsere Lampen zu vernachlässigen. Wenn wir zulassen, dass unser Glas immer schwärzer und dreckiger wird, berauben wir uns selbst dieses Lichts. Es ist dann nicht mal mehr als Glas oder Lampe erkennbar. 

Was ist dieses Licht in dem Gleichnis, dass Allah in der Lampe entzündet? Es ist die Ruh, die Seele, die jedem menschlichen Wesen eingehaucht wird, wenn er sich noch im Mutterleib befindet. Es ist übrigens sehr interessant, dass das menschliche Herz etwa in dem Zeitraum anfängt zu schlagen, wenn Allah dem Menschen die Seele einhaucht, nach ca. 40 Tagen! Jeder Mensch wurde mit diesem reinen Licht ausgestattet in diesem funkelnden Herzen, aber die Lampe braucht ständige Pflege, sonst wird das Licht mit der Zeit, wenn der Mensch beginnt, sich von seiner Fitra abzuwenden, darin verdunkelt und abgeschirmt.

Dieses Licht wird gespeist von dem Öl eines Olivenbaums. Allah sagt, dieser Baum ist ein gesegneter Baum, der weder dem Osten noch dem Westen zugehört. Was bedeutet das hier in diesem Gleichnis? Der Baum steht alleine in der Mitte einer offenen Fläche und wird den ganzen Tag von der Sonne beschienen. Wäre der Baum an der Seite eines Waldes, würde der Wald von einer Seite die Sonne abschirmen bei ihrem Auf- oder Untergang. Dies ist hier nicht der Fall. Dieser Baum ist immer mit der Sonne verbunden, so wie der Brennstoff unserer Herzen immer mit Allah verbunden ist. Allah sagt uns damit: jedes einzelne menschliche Wesen, das Allah jemals erschaffen hat, ist gut. Jeder hat etwas Reines in sich, das von Allah kommt. Solange wir atmen, können wir wieder auf dieses Licht zugreifen und zu Allah zurückkehren, auch wenn wir das Glas schmutzig werden ließen. Das Licht bleibt immer da. Es gibt immer Hoffnung. Es gibt ein Hadith, in dem uns gesagt wird, dass es im menschlichen Körper ein Stück Fleisch gibt. Ist dieses gut, ist der ganze Mensch gut. Ist es schlecht, ist der ganze Mensch schlecht. Dieses Stück Fleisch ist das Herz. Wenn es leuchtet, wird der ganze Körper erleuchtet durch die Nische des Brustkorbes.

Allah beschreibt sein Licht weiter: Das Öl möchte fast von alleine in Flammen aufgehen, obwohl es kein Feuer berührt hat. Das Öl möchte das Feuer einfangen. Wenn man mit Feuer in die Nähe von Benzin oder Petroleum geht, können schon die Dämpfe, die ausströmen sich entzünden. So ist es auch mit den Herzen der Menschen. Solange sie noch nicht ganz verdorben sind, suchen sie nach etwas. Wenn man mit Menschen spricht, die den Islam angenommen haben, sagen viele so etwas wie: ich hatte das Gefühl, das etwas fehlt und habe immer weiter gesucht. Irgendetwas in mir hat mir gesagt, dass es da noch mehr geben muss. Und als ich dann den Islam gefunden habe, hat er mich erfüllt und entflammt.

Allah sagt weiter: Licht über Licht. Was bedeutet das? Nun treffen zwei Lichter zusammen. Das Licht im Herzen des Menschen und das Licht der Offenbarung. Es ist wie mit dem Augenlicht und dem Licht von außen. Erst wenn beides zusammenkommt, kann man sehen. Erst wenn das innere Licht des Herzens mit dem Licht der Offenbarung zusammentrifft, eröffnet sich eine neue Welt für die Gläubigen. Dieser Moment ändert alles. Dieser Moment ändert die gesamte Wahrnehmung des Lebens und des Todes. Alles wird auf einmal in ein anderes Licht gerückt, ins richtige Licht gerückt und der wahre Wert aller  Dinge und Handlungen wird erkennbar. Wenn eines der beiden Lichter fehlt, bleibt diese Wirklichkeit verborgen und der Mensch kann sie nicht sehen.

Wenn das Glas zu schmutzig ist, kann das Licht der Offenbarung nicht zu der Seele des Menschen vordringen und ihr Nutzen bringen. Die Herzen sind versiegelt. Andererseits kann auch ein Mensch, der gut ist und aufrichtig sucht nicht zur vollen Wahrheit gelangen ohne die Offenbarung seines Schöpfers. Dieser Mensch mag zwar hier oder da einen Funken Licht finden, aber dieses Licht ist höchstens wie eine Lampe im Vergleich zur Sonne von Allahs Licht. Erst wenn wir der Sonne von Allahs Licht ausgesetzt werden, sehen wir wirklich. Dann erst bekommt alles Schönheit, so wie der Blick auf ein sonnenbestrahltes Tal.

Und noch eine bemerkenswerte Sache über Licht. Wenn Licht eine bestimmte Farbe hat, erscheinen alle Dinge, die es bestrahlt, in dieser Farbe. Wenn wir in einem Fotolabor stehen mit Rotlicht, sehen wir alles rot. Wenn nun die Dinge mit dem Licht von Allah bestrahlt werden, sehen wir alles in Allahs Licht. In der Farbe, die Er den Dingen gibt. Sibrata-Llah wird das im Qur’an genannt. Die Farbe, die Allah gefällt. Wir sehen die Realität so, wie Allah sie uns zeigt. Dadurch wird unser Standpunkt sich in vielen Dingen vom Standpunkt aller anderen unterscheiden, denen dieser Blick fehlt. Ein erleuchteter Mensch sieht in allen Dingen auf einmal die Zeichen Allah. Er erkennt dann zum Beispiel in einem Baum ein Gleichnis für den Glauben als tiefe, feste Wurzeln und gute Taten in Form der süßen Früchte, wo alle anderen nur einen Baum sehen.

Allah beschreibt sich selbst als das Licht der Himmel und der Erde.
Bevor wir auf diese Erde kamen, waren wir alle schon einmal in der Gegenwart Allahs und Er hat mit uns gesprochen. Allah hat alle Seelen versammelt und gefragt: Bin ich nicht euer Herr? Wir haben alle geantwortet: Doch, wir bezeugen es. In dieser Situation waren wir direkt dem Licht und der Schönheit Allahs ausgesetzt und dieses Licht hat unsere Seelen erhellt. Wenn nun das Licht Allahs unsere Herzen trifft, nachdem wir auf der Erde geboren wurden, erkennen wir es als das gleiche, vertraute Licht wieder, das unsere Seelen damals berührt hat. Auch wenn wir uns nicht an dieses Treffen erinnern, erinnern wir uns doch an die Schönheit und Perfektion von Allah. Dieses Gefühl unterscheidet den Menschen beispielsweise von den Tieren, die nicht ständig versuchen, sich selbst und ihre Umgebung zu verschönern und zu schmücken. Der Mensch versucht immer, alles schön zu machen. Das Essen soll gut schmecken, schön aussehen, dekoriert sein, die Gebäude, die wir errichten, die Ornamente in den Moscheen, die Kalligraphien, Kunst, Gesang usw. Allah ist schön und liebt die Schönheit. Diese Liebe zur Schönheit haben wir auch in uns, aber nichts, was wir erschaffen können, kommt an die Schönheit Allahs heran, die wir bei der Begennung mit Ihm wahrgenommen haben. Diese Suche nach immer mehr Schönheit soll uns zum Allerschönsten hinführen, unserem Schöpfer.
Allah beendet diesen Vers indem Er sagt: Allah wird wen immer er will zu Seinem Licht führen. Wir kehren alle am Ende zu Allah zurück und wer am Licht Allahs festgehalten hat wird im Paradies als schönste Belohnung nicht etwa die Gärten und Paläste und Früchte bekommen. Die größte Freude und Belohnung wird sein, dass wir das Angesicht Allahs sehen dürfen und erneut in Seine Gegenwart gelangen. Das Licht seiner Schönheit, zu dem Er uns zurückführen wird, wenn Er es will. Dann werden wir erst wahrhaft zufrieden sein, denn es gibt nichts, was schöner ist. Wir werden angekommen sein und unseren Frieden finden, denn unsere Suche wird ein Ende haben.

Allah gibt uns diese Gleichnisse, damit wir davon profitieren. Wir brauchen diese, um die geistigen Wahrheiten zu verstehen. Er vereinfacht die Zusammenhänge für uns mit Begriffen, die wir verstehen können. In diesem Vers beschreibt uns Allah mithilfe des Lichtes in der Lampe die Reise unserer Seele von ihm und zu Ihm zurück.




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