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Sonntag, 24. November 2019

Die Kraft der Dankbarkeit - Teil 1


Teil 1

1.       Definition

Zu Beginn sollten wir definieren, was Dankbarkeit überhaupt ist. Sie besteht aus zwei Elementen:

1.)    Die Wahrnehmung / Affirmation (Bestätigung) von etwas Gutem

2.)    Die Anerkennung, dass etwas außerhalb von uns dafür verantwortlich ist

Ein dritter Aspekt gehört nach einigen Definitionen ebenfalls dazu: Das Gute annehmen und genießen können, die Akzeptanz einer Gnade und die Anerkennung der eigenen Schwäche und Bedürftigkeit in Demut und Ergebenheit und das daraus erwachsene Gefühl, etwas davon zurückgeben zu wollen ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten (Demut und Liebe). Stolz und Arroganz stehen der Dankbarkeit im Weg. Dankbarkeit ist eine Wahl, die wir unabhängig von den äußeren Umständen treffen können. Jederzeit.


2.       Dankbarkeit gebührt Allah

Wir rezitieren die Sura al Fatiha mindestens 17 Mal am Tag. Darin sprechen wir: Alhamdulillahi Rabbi-l- Alamin. Unsere Dankbarkeit gebührt nur Allah, dem Herrn der Welten!
Darin unterscheiden wir uns von den anderen Menschen, die Dankbarkeit praktizieren und die Spiritualität ausklammern. In dieser Gesellschaft werden die Gnaden oft getrennt vom Geber wahrgenommen und beispielsweise der Natur zugeschrieben oder dem Wirken des Universums. Sie behaupten beispielsweise, wenn man dankbar sei, könne das Universum nicht anders, als Gutes zurückzusenden oder ähnliches. Diese Art von Dankbarkeit ist dann nicht Schukr, sondern Kufr! Für uns Muslime geht alles Gute auf Allah zurück! Das bedeutet nicht, dass wir anderen gegenüber nicht dankbar sein sollen, sondern dass uns bewusst ist, dass hinter allem Allahs Bestimmung steht. Dankbarkeit ist eine Geisteshaltung. Daher heißt es in einem Hadith:
Wer den Menschen gegenüber nicht dankbar ist, ist auch Allah gegenüber nicht dankbar.


3.       Schukr im Islam

Das arabische Wort Schukr (Dank) beinhaltet den Gedanken der Mehrung. Dass man mehr erhält, als man verdient hätte oder als zu erwarten gewesen wäre. Als Schakkur (Dankbar) werden z.B. Pflanzen bezeichnet, die ohne Pflege reichlich Frucht tragen oder Vieh, das trotz kargem Futter fett wird und viel Mich gibt. Es bedeutet also die Antwort auf eine Gabe oder Segnung über das Normale hinaus. Das man wenig nimmt und viel gibt. Unsere Antwort auf das Geschenk des Lebens soll also mehr sein als die eines vor sich hin lebenden Tieres, indem wir den Geber erkennen, ihn lieben und nach Seinem Wohlgefallen streben durch Gottesdienst und Gehorsam Ihm gegenüber. Die Dankbarkeit für unsere Sinne und Gliedmaßen sind gute Taten und Abkehr vom Verbotenen. Denn wie können wir Allahs Geschenke dazu gebrauchen, gegen Ihn zu rebellieren?
Imam Ahmad Zarruq definiert es folgendermaßen:
Dankbarkeit (Schukr) ist die Freude im Herzen über den Geber von Segnungen, nicht nur über die Segnungen selbst. Dies manifestiert sich in den Gliedern, so das die Zunge Allah preist und man Gutes tut und Abstoßendes meidet.
Allah selbst ist Asch-Schaakir und Asch-Schakuur. Niemand handelt dankbarer als Allah! Allah ist anerkennend und wertschätzend. Nicht nur gute Taten und Gottesdienste selbst werden belohnt, sondern sogar gute Absichten, die nicht in die Tat umgesetzt werden konnten, das Unterlassen von schlechten Taten und Reue nach einer schlechten Tat! Er belohnt kleine gute Taten mit großer Belohnung weit über unseren Verdienst hinaus. Das bisschen Mühe, das wir uns in den paar Jahren geben, in denen wir hier auf der Erde verweilen wird von Ihm mit einer ewigen Belohnung vergolten, die alles übertrifft, was wir uns an Schönem vorstellen können. Und das, obwohl Allah nicht derjenige ist, der von unseren Taten profitiert oder der auf irgendetwas von uns angewiesen ist. Seine Dankbarkeit erwächst nicht wie bei uns aus Bedürftigkeit, sondern aus Stärke und Liebe zu Seinen Geschöpfen. Sollen wir da nicht erst recht dankbar sein?
Der dankbarste aller Menschen war unser Prophet Muhammad (sas). Er betete meist einen großen Teil der Nacht und als seine Frau Aischa ihn einmal fragt, warum er dies tue, wo Allah ihm doch seine vergangenen und zukünftigen Sünden bereits alle vergeben habe, antwortete er ihr: Soll ich denn nicht ein dankbarer Diener sein?


4.       Der Mensch ist meistens undankbar

An vielen Stellen im Qur’an wird wiederholt, dass die meisten Menschen undankbar sind. Es genügt, einige Beispiele hierfür zu nennen. In Sura al Hajj, Vers 66 heißt es: „Und Er ist es, Der euch lebendig gemacht hat, euch hierauf sterben lässt, euch hierauf wieder lebendig macht. Der Mensch ist wahrlich sehr undankbar.“ Oder in Sure Az-Zuchruf, Vers 15: „Und sie stellen Ihm einen Teil von Seinen Dienern als Seinesgleichen zur Seite. Der Mensch ist ja offenkundig sehr undankbar.“ Ein letztes Beispiel ist in Sura ash-Shura, Vers 48: „…Und siehe, senn Wir den Menschen von uns Barmherzigkeit kosten lassen, ist er froh darüber. Wenn sie aber etwas Böses trifft für das, was ihre Hände vorausgeschickt haben, gewiss, dann ist der Mensch sehr undankbar.“ Das arabische Wort für Undankbarkeit ist gleichzeitig das Wort für Glaubensverweigerung: Kufr! Ein Kafir ist also derjenige, der die Einheit und die Wohltaten Allahs, wie z.B. seine Propheten, leugnet oder aberkennt.
In Sura ar-Rahman gibt es einen Vers: A fa bi ajji alaai Ribbikuma atukaddhiban. Welche der Wundergaben von eurem Herrn werdet ihr leugnen?
Allah erhebt hier einen Vorwurf: wie viel mehr kann ich noch ständig für euch tun und ihr nehmt es nicht wahr? Diese Frage wird immer wieder wiederholt, nachdem verschiedene Themen behandelt werden, um das Ausmaß der Undankbarkeit der Menschen und Dschinn und den Zorn Allahs darüber aufzuzeigen. Diese Sura heißt daher auch nicht umsonst Ar-Rahman. Nur aufgrund der grenzenlosen Barmherzigkeit Allahs existieren wir noch!
Es ist aber nicht so, dass Allah unsere Dankbarkeit brauchen würde, denn Er besitzt alle Ehre und  allen Ruhm. Die Dankbarkeit ist etwas, von dem wir selbst profitieren, die uns selbst am meisten nutzt.


5.       Gründe für Dankbarkeit 

5.1          Dankbarkeit für Allahs Gnadengaben

Allah hat die Erde nicht nur geschaffen, um uns unser Überleben zu ermöglichen, sondern Er hat das Leben auf ihr schön und genussvoll gemacht. Das Leben ist ausgeschmückt mit Düften, Geschmackserlebnissen, Farben, Liebe, Bequemlichkeit usw. Wir alle brauchen Allah ständig; Er gibt jedem Geschöpf sein risq und kümmert sich um deren Bedürfnisse.
In einem weiteren Vers sagt Allah zu uns: Wenn ihr die Gnadengaben Allahs aufzählen wollten, ihr könntet sie nicht zählen. Wofür können wir zum Beispiel dankbar sein?
Die größte Segnung, die uns zuteilwurde ist der Islam und Allahs Rechtleitung. Ohne diese wären wir alle verloren und hätten den größten Verlust erlitten. Ohne unseren Glauben wären all unsere Taten wertlos und wir hätten ein absolutes Versagen  erlitten in unserem Leben und am Jüngsten Tag. Wir haben aber die unglaubliche Chance, ewige Glückseligkeit und Gemeinschaft mit den Menschen zu erlangen, die wir lieben! Es gibt viele Menschen, die es viel schwerer haben, diese Chance und diese Rechtleitung zu erlangen. Allah hat uns vor vielen Menschen auserwählt und uns diese Ehre erwiesen. Wären wir in Indien geboren worden oder in China, bei Naturvölkern oder in Armut und nur mit dem Überlebenskampf beschäftigt, wäre die Wahrscheinlichkeit viel geringer, dass wir zu den Muslimen gehören würden. Dies ist also die größte Gnade, die wir empfangen haben. Aber nicht nur das!

Wenn man die Frage stellt, wofür wir dankbar sein können, ist die Antwort meist spontan: Unser Körper, unsere Hände, Füße, unser Augenlicht, unser Gehör, unsere Familie und Besitztümer. Häufig denken wir auch an diese Erde, die Allah für uns so perfekt geschaffen hat. Die kleinste Änderung ihrer Position hätte das Leben auf ihr unmöglich gemacht. Alles ist perfekt ausgewogen und balanciert. Das ist alles wahr. Aber wenn wir uns einmal einen kurzen Moment Zeit nehmen um tiefer darüber nachzudenken und unser Leben mit dem Leben von anderen Menschen auf dieser Erde zu dieser Zeit und zu früheren Zeiten vergleichen, werden wir das unfassbare Ausmaß erkennen, in dem wir von Herzen dankbar sein können:

Wir leben heutzutage in Europa besser als Könige und Königinnen. Unsere Kühlschränke sind immer voll, wir können täglich warme Mahlzeiten zu uns nehmen, unser Essen kommt von überall her zu uns auf den Tisch und wir haben eine nie gekannte Auswahl an exotischen und fremden Früchten, Gemüsesorten und Gewürzen. Früher gab es nicht annähernd dieses Ausmaß an Ex- und Import. Die Handelswege waren lang und beschwerlich und es wurden sogar Kriege deswegen geführt.
Wir besitzen an die 100 Kleidungsstücke in allen Farben und Formen und für jede Gelegenheit. Zur Zeit des Propheten Muhammad (sas) gab es viele Menschen mit nur einem oder zwei Gewändern, die im Wechsel getragen wurden.

Es ist uns möglich, mit jedermann auf der Welt jederzeit in Kontakt zu treten, diese Person nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen. Früher, wenn jemand verreisen musste, hörte man monatelang oder sogar jahrelang manchmal nichts von dieser Person und war in ständiger Ungewissheit über ihr Wohlbefinden. Briefe brauchten oft mehrere Wochen.

Das reine und klare Trinkwasser kommt bei uns ohne jeglichen Aufwand aus der Leitung, unser Geschirr und unsere Wäsche wird für uns von einer Maschine gereinigt. Es gibt immernoch viele Menschen, die ihr Trinkwasser aus kilometerweit entfernten Brunnen schöpfen müssen um dann zwei Eimer voll zurückzutragen, die für den ganzen Tag reichen müssen. Sauberes Trinkwasser ist für viele auch heute noch kaum oder gar nicht vorhanden.

Wir haben jederzeit die Möglichkeit, sicher an entfernte Orte zu gelangen in immer kürzerer Zeit. Wer früher die Hadsch unternehmen wollte war oft monatelang zu Fuß oder auf dem Esel unterwegs mit oft ungewissem Ausgang und vielen Gefahren, die unterwegs lauerten. Heute setzen wir uns in ein Flugzeug und sind in 5 Stunden dort.

Unsere Wohnstätten sind geräumig, warm, trocken, sauber und sicher, unsere Betten weich und kuschelig. Viele unserer Geschwister müssen eng zusammengepfercht in Flüchtlingscamps oder in Kriegsgebieten in provisorischen Behausungen leben ohne Strom, ohne Heizung, ohne Schutz vor der Witterung und ohne sanitäre Einrichtungen. Aber wir müssen nicht einmal in die vielen Krisengebiete schauen, um Unsicherheit und Verfolgung zu sehen. Sogar in sogenannten erste Welt Staaten gibt es immer wieder Ereignisse wie Waldbrände, Hurrikanes, Amokläufe, Mafia, politische Verfolgung und  Unterdrückung, Ausbeutung der Arbeitskräfte, Bürgerkrieg, Überschwemmungen, giftige Tiere oder Raubtiere, Seuchen usw. Wir leben in einer Sicherheit wie es sie nur an sehr wenigen Orten der Welt gibt und Allah hat uns vor sehr vielem verschont.

Wir leben in Frieden und können ohne Schwierigkeiten Bildung erlangen und Berufe erlernen und ausüben, wir sind abgesichert gegen den Verlust der Arbeit oder Arbeitsunfähigkeit und haben keine Not zu befürchten. Wenn wir krank werden können wir ohne Angst vor Armut zum Arzt gehen um uns behandeln zu lassen. Nicht einmal in den USA, dem Vorzeigeland der ersten Welt, leben die Menschen in dieser Sicherheit. Dort gibt es viele Menschen, die nicht zum Arzt gehen, weil sie nicht krankenversichert sind und sich die Behandlung nicht leisten können! Es gibt viele Gebiete auf der Welt, in denen einfachste Krankheiten wie Durchfall oder bakterielle Infektionen immer noch den Tod bedeuten können. Die moderne Medizin bei uns kann die meisten Erkrankungen lindern oder heilen, so dass die wenigsten Menschen überhaupt jemals über längere Zeit hinweg Schmerzen ertragen müssen.

Wir kennen weder Krieg, noch Verfolgung, keinen Hunger, keine Kälte und keine Härte! Wir haben ALLES!

Nur um abschließend ein paar Statistiken zu nennen: Gäbe es auf der Welt 100 Menschen, würden 20 davon mehr als 10.000 € im Jahr verdienen und 20 weniger als 1€ am Tag! Nur 30 Menschen hätten genug zu essen. 50 Menschen würden oft unter Hunger leiden und 20 wären stark unterernährt. 25 Menschen hätten kein sauberes Wasser, 32 keine saubere Luft und nur 34 Menschen hätten Strom!


5.2          Dankbarkeit für die Abwesenheit von Prüfungen

Aber Dankbarkeit betrifft nicht nur die Dinge, die wir haben, sie beginnt schon bei den Dingen, vor denen wir verschont wurden oder den Prüfungen, die wir überwinden konnten. Es könnte immer noch schlimmer sein. Mahatma Ghandi soll einmal gesagt haben: Ich war traurig darüber, dass ich keine Schuhe hatte. Und dann sah ich einen Mann ohne Füße.
Wenn wir etwas sehen, mit dem andere Menschen geprüft werden, sollen wir uns an Allah wenden und Ihm mit folgenden Worten danken:
Alhamdulillahi-lladhi afana mim ma btala bihi ghairana.
Lob und Dank gebühren Allah dafür, dass Er uns vor dem bewahrt hat, womit Er andere geprüft hat!
Diese Aussage ist ein Schutz für uns vor dieser Prüfung. Die Dankbarkeit, die wir hier zum Ausdruck bringen hat also aktiv und direkt eine Konsequenz und Wirkung auf unsere Zukunft.


5.3          Dankbarkeit durch Vertrauen auf die Weisheit Allahs

Auch wenn uns nur wenig gegeben wurde, müssen wir dankbar sein. Oft ist ein „zu viel“ schädlich und die Mäßigung ein Segen. Am besten für uns ist die Ausgewogenheit in allen Dingen. Es ist die Weisheit Allahs, uns nicht alle Wünsche zu erfüllen. Wie gute Eltern, die Regeln für die Kinder aufstellen, deren Wünsche filtern und Einschränkungen machen (z.B. Computerspiele, Handy…). Wer alles bekommt, was er will, wird meist verwöhnt, herrisch, ungeduldig, anmaßend, hochmütig, ungezügelt, exzessiv, gierig und neigt zu riskantem Verhalten aus Langeweile und zu Süchten aus Überdruss. Zusätzlich zu all diesen Vorteilen des Mittelmaßes kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu:
Im Paradies werden viele Gläubige einen Berg an Belohnung vorfinden für gute Taten, die sie nie verrichtet haben. Sie werden fragen: Wofür ist das? Ihnen wird gesagt werden: Das ist die Belohnung, die euch für alle Bittgebete gegeben wurde, die euch auf Erden nicht erfüllt wurden. Sie werden sagen: O hätte Allah doch keine unserer Bitten auf Erden erfüllt!


5.4          Dankbarkeit in schweren Zeiten in der Hoffnung auf Vergebung und Belohnung

In einigen Ahadith werden uns die Zusammenhänge von Prüfungen und Dankbarkeit erklärt:
Abu Yahya Suhaib ibn Sinan (radiyallahu ´anhu) überliefert, dass der Gesandte Allahs (sallalahu ´alaihi wa sallam) sagte: „Die Angelegenheit des Mu´min ist wirklich verwunderlich. Alles ist für ihn gut – und dies ist nur beim Mu´min so: Wenn ihm etwas Erfreuliches widerfährt und er dankt Allah dafür, so ist das gut für ihn. Und wenn er von einer Drangsal heimgesucht wird und er sie geduldig erträgt, so ist das auch gut für ihn.“
Warum ist es gut für uns, Prüfungen geduldig zu ertragen? Allah hat uns versprochen, uns durch solche Prüfungen Sünden zu vergeben und es ist daher eine Möglichkeit für uns, der ewigen Glückseligkeit im Paradies näher zu kommen und daran zu wachsen. Außerdem zeigt eine solche Haltung eine hohe Stufe des Imans, nämlich das tiefe Vertrauen in Allah, dass alles, was passiert, am Ende das Beste für uns ist, auch wenn wir es in dem Moment nicht erkennen können, denn nur Allah sieht das Verborgene und die Zukunft.
Häufig erkennen wir die Dinge, die wirklich wertvoll sind, erst durch deren Verlust oder Abwesenheit. Dadurch können Prüfungen, die wir überstanden haben, am Ende zu mehr Dankbarkeit und Wertschätzung führen. Durch den Kontrast zur Krankheit können wir erst die volle Bedeutung der Gesundheit erfassen. Durch den im Ramadan erlittenen Hunger und Durst können wir den Wert des Wassers und der Nahrung wieder neu schätzen. So erinnern uns Prüfungen und die Erinnerung an die Vergänglichkeit häufig an den Wert der Dinge, die wir sonst als selbstverständlich betrachten.
Alle Dinge befinden sich in ständigem Fluss. Stillstand bedeutet Tod. Durch Herausforderungen und Prüfungen können wir uns verändern und entwickeln. Wir wären nicht der Mensch, der wir heute sind, wenn wir nicht auch durch schwere Phasen gegangen, daraus gelernt und diese bewältigt hätten.

Sonntag, 10. November 2019

Die Kraft der Dankbarkeit - Teil 2


Teil 2

Nach der Definition von Dankbarkeit und einer Reflektion darüber, wofür wir dankbar sein können, nun einige weitere Betrachtungen über die Folgen der Dankbarkeit auf spiritueller, psychischer und körperlicher Ebene

1.       Positive Auswirkungen der Dankbarkeit

Es gibt einen sehr schönen uns ausdrucksvollen Vers im Qur’an, der uns ein tiefes Geheimnis des Verborgenen offenbart. Musa erinnert damit die Israeliten in der Wüste an ein Versprechen Allahs:

Wenn ihr nur dankbar seid, werde ich euch wahrlich mehr geben..... (14:7).

Was wird Allah geben? Das wurde hier bewusst offen gelassen. Es wird uns gegeben werden, was wir am meisten brauchen und was am besten für uns ist zu einem Zeitpunkt, den Allah wählt. Jede Art von Dankbarkeit führt zu Segnungen und Mehrung in allen möglichen Dingen; dies können Allahs Belohnung sein (10-700 fach oder noch mehr), die Nähe zu Allah, der Segen in dem, was wir besitzen, in der Familie, unserer Zeit, Gesundheit etc.

Besonders in Situationen, in denen wir in Schwierigkeiten sind und vor großen Herausforderungen stehen, wenn wir dann Dankbarkeit aufbringen können gegenüber Allah und damit unser bedingungsloses Vertrauen in Ihn zeigen, wird Er uns nicht im Stich lassen! Dies ist Allahs Sunnah, Seine Gewohnheit, ein geistiges Naturgesetz! Die Lehre dahinter ist: in Zeiten tiefer Verzweiflung sollen wir den Fokus darauf richten, wofür wir dankbar sein können und die Probleme und Negativität im Herzen und Verstand durch Positivität und neuen Mut herausdrängen. Dies setzt Energien frei, zieht Allahs Hilfe an und führt zusätzlich dazu, dass wir uns besser und zufriedener fühlen.

Außerdem ist der Mensch so veranlagt, dass er denjenigen liebt, der ihm etwas Gutes zuteil werden lässt. Durch unsere Dankbarkeit wird also die Liebe zu Allah vertieft und diese Liebe stärkt unser Bemühen darum, Sein Wohlgefallen zu erlangen und macht uns damit gleichzeitig zu besseren Menschen. Denn die Liebe zu Allah führt zu den meisten anderen guten Taten: Man möchte Allah kennenlernen und strebt dadurch nach Wissen. Man möchte Allah gefallen und ist daher gehorsam Ihm gegenüber und fleißig im Gottesdienst und bei den guten Taten.
Dankbarkeit ist außerdem ein Schutz vor der Strafe Allahs und bringt Seinen Lohn. Im Qur’an steht:

Warum sollte Allah euch strafen, wenn ihr dankbar und gläubig seid? Allah ist dankend und allwissend. (4:147)

… Und dem, der den Lohn der Welt begehrt, geben wir davon, und dem, der den Lohn des Jenseits begehrt, geben wir davon. Wahrlich, wir werden die Dankbaren belohnen. (3:145)

Dankbarkeit führt auch zu Zufriedenheit mit dem, was man hat. Im Wort Zufriedenheit steckt Frieden. Ein dankbarer Mensch findet inneren Frieden. So nutzt unsere Dankbarkeit am meisten uns selbst.


2.       Schlimme Folgen der Undankbarkeit

Der oben erwähnte Vers (14:7), der die Mehrung bei Dankbarkeit verspricht, geht folgendermaßen weiter: ....Falls ihr aber undankbar seid, meine Strafe ist streng!

Es ist der Job von Shaitan, uns undankbar zu machen. Nachdem Allah ihn aufgrund seines Hochmuts aus dem Paradiesgarten vertrieben hatte und ihm Aufschub gewährt hatte, sprach er:

 „…Darum, dass Du mich hast abirren lassen, will ich ihnen gewiss auf Deinem geraden Weg auflauern. Dann will ich über sie von vorne und von hinten kommen, von rechts und von links, und Du wirst die Mehrzahl von ihnen nicht dankbar finden.“ (7:16-17)

 Shaitan will Rache an uns üben und uns mit sich in die Hölle ziehen. Durch Undankbarkeit unsererseits Allah gegenüber kann er leicht sein Ziel erreichen.
Undankbarkeit äußert sich in Jammern und Klagen, Negativität und Resignation. Wenn man ständig unzufrieden ist und die Wünsche nach immer mehr oder immer Besserem kein Ende nehmen, sind das eindeutige Zeichen von Undankbarkeit. Bei Erwachsenen wird das dann häufig zu Gier und Egoismus und Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen und der Umwelt. „Alhamdulillah“ und die damit verbundene Bescheidenheit und Zufriedenheit kann uns also vor vielen Problemen bewahren.
Wir werden gewarnt vor Negativität und Resignation, die uns nur frustriert und unglücklich macht und uns lähmt. Durch Undankbarkeit lehnen wir uns auf gegen Allah. Der Zorn und die Strafe Allahs sind real, auch wenn sie vielleicht erst im Jenseits erfolgen. Allah ist barmherzig und vergebend und gibt allen Menschen in dieser Welt ihren Unterhalt, aber wir kennen alle aus eigener Erfahrung, dass wir gerne großzügig sind zu Menschen, die dies zu schätzen wissen und keine Lust haben, uns von unverschämten und anmaßenden Menschen ausnutzen zu lassen. Die undankbaren Menschen, die Allah in dieser Welt vergessen haben, haben dann im Jenseits nichts mehr zu erwarten.

Häufiges Jammern und Klagen über das, was Allah bestimmt und gegeben hat, ist ein Zeichen von Undankbarkeit. Wenn wir uns beklagen wollen, dann nur bei Allah oder bei denen, die bei der Lösung des Problems helfen können. Wer sich ungerechtfertigterweise ständig beklagt soll vorsichtig sein, dass Allah ihm nicht einen echten Grund zur Klage gibt. Ständiges Klagen lässt die Segnungen schwinden.

Undankbarkeit gegenüber Allah ist häufig auch ein Zeichen von Hochmut, nämlich dafür, dass man den Geber vergisst und sich die guten Dinge selbst zuschreibt, der eigenen Planung, Klugheit, Anstrengung etc. Dann ist dieses weltliche Glück eine noch größere Prüfung für diese Menschen als es Armut oder Unglück wären, denn Hochmut gegenüber Allah kann die Ursache dafür werden, dass ihnen das Paradies verwehrt wird:

 „Und euer Herr sagte: „Bittet mich, und ich werde eure Bitte erhören! Wahrlich, jene, welche zu hochmütig sind mir zu dienen, werden [dereinst] gedemütigt in die Hölle eingehen.“[ 40:60]

Wer nicht dankbar ist für Allahs Gaben riskiert, sie zu verlieren, während der Dankbare sie sichert und mehrt.


3.       Die Gesetzmäßigkeiten Allahs: 
Das Gefühl der Fülle durch Zufriedenheit und des Mangels durch Gier

Es gibt ein göttliches Naturgesetzt, eine Sunnah Allahs, die Er uns in verschiedenen Ahadith nahebringt:

In einem Hadith qudsi heißt es: „Oh mein Diener. Ich habe dich für Mich geschaffen und ich habe alle Dinge für dich geschaffen. Du aber hast dich von dem abgewendet, wozu du erschaffen wurdest und dich gänzlich mit dem beschäftigt, was für dich geschaffen wurde. Oh mein Diener. Wenn du dich zufrieden gibst mit dem, was ich dir zugeteilt habe, wirst du zufrieden sein und erlangst du Meine Zufriedenheit mit dir. Und wenn du dich nicht damit zufrieden geben willst, was dir zugeteilt wurde, lasse ich die Welt dich beherrschen, bis du wie ein wildes Tier wirst, das hinter seiner Beute her rennt und keine Ruhe findet bei seiner Jagd; und trotzdem bekommst du nur das, was ich dir zugeteilt habe.“

Das heißt, wer gierig und unersättlich dieser Welt hinterherrennt, vor dem läuft sie weg und er wird doch nie mehr als das bekommen, was ihm zugeteilt wurde. Solch ein Mensch fokussiert sich durch seine Gier immer auf den Mangel, den er empfindet und das Gefühl des Mangels wird dadurch genährt.
Wer sich aber von dieser Welt abwendet und zufrieden mit dem ist, was Allah ihm zugeteilt hat, zu dem wird sein Risq von Allah auf Arten kommen, die er sich nicht vorstellen konnte. Dadurch, dass der Fokus auf Zufriedenheit gelegt wird, nimmt diese beständig zu.

Das Streben nach Glück und Zufriedenheit, das hinter fast allem steht, was Menschen tun, bringt sie dazu, sich bei diesem Streben zu verausgaben, ohne jemals dieses Ziel zu erreichen. Denn Glück kommt nicht durch den Besitzt einer Sache, sondern durch ihre Wertschätzung. Wir können jetzt sofort glücklich sein, wenn wir dankbar sind und das zu schätzen wissen, was uns gegeben wurde. Viele wollen schnell reich werden, das klappt allerdings sehr selten. Aber alle können sich schnell reich fühlen, durch die Dankbarkeit. Materielle Dinge sind wertlos ohne die Fähigkeit, sie zu genießen! Geld kann dir Dinge kaufen, aber kein Glück. Ein Bett, aber keinen Schlaf, Medikamente, aber keine Gesundheit, Bücher, aber kein Wissen, Essen, aber keinen Appetit, ein gepflegtes Äußeres, aber keine Liebe, Uhren, aber keine Lebenszeit usw. Wir brauchen nicht viel, um alles zu haben. In einem Hadith steht:

Der Gesandte Allahs (Allahs Segen und Friede auf ihm) sagte: “Wer auch immer von euch (morgens) seelisch und körperlich gesund aufwacht, und dessen Lebensunterhalt für diesen Tag gesichert ist, ist so, als wenn er im Besitz der ganzen Welt wäre.” (At-Tirmidhi)


4.       Psychologie und Physiologie

4.1              Mehr Glück durch Dankbarkeit

Auch außerhalb der Religion werden diese geheimnisvollen Zusammenhänge bestätigt. Wissenschaftlich gesehen befinden sich die Menschen auf einem bestimmten Level von Glück und Zufriedenheit. Manche Momente weiten davon ab im Positiven oder Negativen, aber der Mensch pendelt sich immer wieder auf dem für ihn typischen Level ein. Wenn sich diese Menschen aber auf die Dinge besinnen, für die sie dankbar sind, nimmt das Level des Glücks zu. Wir neigen dazu, diese Dinge zu vergessen und als selbstverständlich anzusehen. Dankbarkeit  bedeutet, sich immer wieder bewusst zu machen, wie viel Glück man eigentlich hat. 
Nicht die Glücklichen sind immer die Dankbaren, sondern die Dankbaren sind es, die immer glücklich sind!

Früher hat man in der klassischen Psychotherapie nach Freud Traumata ausgegraben und sich darauf fokussiert, was sie nur noch verstärkt hat. Sich beschweren bedeutet nämlich, sich zu belasten. Durch das Gesetz der Anziehung ist sich beschweren wie bitten um die Dinge, die man nicht möchte. Bei der Fokussierung auf die guten Dinge passiert das Gleiche, nur im positiven Sinn.
Wenn wir 100 Angelegenheiten im Leben haben, laufen z.B. 96 gut und 4 nicht. Wenn wir uns nun auf diese 4 konzentrieren führt dies zu Negativität und Stress. Wenn wir uns stattdessen auf die 96 Dinge konzentrieren, werden wir mit einem Gefühl der Fülle und der Positivität erfüllt und können auch mit den 4 schwierigen Dingen besser umgehen.


4.2              Die Rolle des Unterbewusstseins

In der Psychologie und Gehirnforschung kam man zu erstaunlichen Ergebnissen: In der Psychologie gilt es als erwiesen, dass wir das, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, verstärkt in unser Leben ziehen. Das, worauf wir unseren Fokus richten, nimmt automatisch mehr Platz in unserem Leben ein. Es fällt uns immer mehr auf und kommt uns dadurch immer bedeutender und wichtiger vor. Dies gilt sowohl für positive als auch für negative Dinge.  Das Unterbewusstsein spielt dabei eine große Rolle.Es kommt zu einem Kreislauf der positiven Verstärkung:

Aufmerksamkeit führt zu Sensibilisierung.
Sensibilisierung führt zu Wachstum der dafür benutzten Gehirnareale

                 
Die Wahrnehmung verbessert und verstärkt sich
Dadurch erhöht sich die Aufmerksamkeit usw.

Wertschätzung und Dankbarkeit von etwas verstärken es und lassen uns diese Sache mehr wahrnehmen. Wer einen schönen Stein sucht, den er bemalen möchte, wird auf einmal lauter schöne Steine wahrnehmen, die er vorher einfach nicht wahrgenommen hat. Auf einmal ist die Welt voller schöner Steine. Wenn wir den Fokus darauf lenken, was Allah uns täglich schenkt, werden uns immer mehr Dinge auffallen, die vielen Kleinigkeiten, die andere vielleicht übersehen. Vielleicht brauche ich gerade eine neue Uhr und siehe da, sie ist nächste Woche im Angebot. Oder ich habe heute große Lust auf Nudeln und die Mutter hat sie „zufällig“ heute gekocht. Oder ich vermisse eine Person und in dem Moment ruft sie an usw. Durch die Aufmerksamkeit, die wir auf Allahs Fürsorge richten, spüren wir sie noch mehr und empfinden uns als reich beschenkt und geliebt.
Wenn wir uns für etwas interessieren und uns verstärkt damit beschäftigen, wächst der Bereich des Gehirns, der für die Verarbeitung dieser Information verantwortlich ist und unsere Intelligenz und Aufnahmefähigkeit in diesem Bereich nimmt zu. 

Das Gehirn kann sich immer wieder neu strukturieren und neue Nervenbahnen aufbauen. Dies nennt man Neuroplastizität. Durch häufige Wiederholung einer Information und den mit diesen Gedanken verknüpften Emotionen gelangen diese in unser Unterbewusstsein, welches etwa 90% unserer Entscheidungen bestimmt. Es ist das, was uns antreibt, vergleichbar mit einem Elefanten. Unser Verstand ist wie der Reiter auf diesem Elefant. Wenn der Elefant nach rechts gehen will, hat der Reiter keine Chance nach links zu gehen.


9.2          Die Physiologie der Emotionen

Es gibt auch eine physiologische Dimension unserer Gedanken und Emotionen
Die Kommunikation in unserem Körper findet auf verschiedenen Ebenen statt:

1)      Neuronal, d.h. durch Nervenbahnen
2)      Biophysikalisch, d.h. durch die Pulswelle
3)      Biochemisch, d.h. durch Hormone und Botenstoffe
4)      Energetisch, d.h. durch elektromagnetische Felder. Das Herz hat ein Magnetfeld (messbar durch  ein MKG), welches emotionale Informationen an das Gehirn sendet.

Unterschiedliche Emotionen bewirken unterschiedliche Signale und haben dadurch auch Auswirkungen auf die Gehirnaktivität.

Durch regelmäßige Dankbarkeitsübungen wird die molekulare Struktur des Gehirns verändert und die Menschen werden friedlicher und weniger reaktiv. Mithilfe eines FMRI-Scanners, der die Gehirnaktivität bei Dankbarkeit messen kann, konnte man zeigen, dass die Gehirnaktivität dann im medialen präfrontalen Kortex höher ist und dies bei mittelfristiger Übung auch nachhaltig / langfristig nachweisbar ist. Dieser Bereich ist unter anderem für Lernen und Entscheidungsfindung zuständig.
Liebe und Wertschätzung führen zu einem stabilen, sinusförmigen Herzrhythmus, welcher Vorteile wie mehr geistige Klarheit und Leistungsfähigkeit mit sich bringt. Das Gehirn synchronisiert sich immer wieder mit diesem elektromagnetischen Puls und passt dadurch auch Atmung und Blutdruck, Wahrnehmung und mentale Vorgänge an unsere Emotionen an. Positive Emotionen wie Dankbarkeit beeinflussen daher alle Körperfunktionen positiv.

Leiden wir dagegen beispielsweise unter Stress durch Sorge oder Angst, ist unser Herzrhythmusmuster unregelmäßig und ungeordnet. Stresshormone werden ausgeschüttet und der Hippocampus wird veranlasst, sich die stressauslösende Situation gut zu merken. Auf diese Weise läuft eine erneute Stressreaktion durch ähnliche Auslöser danach noch schneller ab und das Gehirn lernt, darauf mit Stress zu reagieren. Häufige Stresssituationen können langfristig eine Schädigung der Zellfortsätze im Hippocampus bewirken. Dies sind wichtig für die Aufnahme von Information. Schrumpfen sie, wirkt sich das negativ auf das Gedächtnis aus und der präfrontale Cortex kann sich so verändern, dass es schwieriger wird, sinnvolle Entscheidungen zu treffen.

Wenn jemand zum Beispiel Angst davor hat, eine bestimmte Krankheit zu bekommen, wird er anfangen, überall Menschen zu sehen, die diese Krankheit haben und verstärkt auf Symptome für diese Krankheit bei sich suchen. Er wird anfangen, alles was er wahrnimmt so zu interpretieren, dass er sich fast sicher ist, diese Krankheit zu haben oder zu bekommen und sich immer mehr so verhalten, als ob er bereits krank wäre. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Person krank wird, ist dadurch stark erhöht, denn die Psyche spielt bei Erkrankungen eine große Rolle. Man spricht auch von einer Self-fulfilling prophecy. Das bedeutet, dass sich feste Überzeugungen eines Menschen unabhängig von derem ursprünglichen Wahrheitsgehalt häufig mit der Zeit in der Realität manifestieren. Dies gilt für positive und negative Überzeugungen gleichermaßen. Besonders bei Kindern kann negative Information ungefiltert ins Gehirn gelangen, da der Teil des Gehirns, der für Selbstverteidigung und kritische Reflektion zuständig ist, erst mit 20 Jahren voll ausgereift ist. So setzen sie sich im Unterbewusstsein als negative Glaubensgrundsätze fest. Aber durch die Neuroplastizität können negative Glaubensgrundsätze durch neue positive Glaubensgrundsätze ersetzt werden.

 Daher ist es auch psychisch und physisch für uns sehr nutzenbringend, wenn wir uns positive Gedanken und Gefühle  wie Dankbarkeit und Gottvertrauen zu eigen machen.


5.       Wissenschaftliche Studien zu den Auswirkungen von Dankbarkeit

Der Psychologieprofessor Dr. Robert Emmerson machte verschiedene wissenschaftliche Experimente zum Thema Dankbarkeit:
Er teilte die Probanden in drei Gruppen ein, die alle die gleichen Zeitungen bekamen. Gruppe A bekam den Auftrag, eine Liste der Dinge zu machen, für die sie dankbar sind. Gruppe B sollte aufschreiben, worüber sie sich ärgert und Gruppe C sollte einfach das aufschreiben, was ihnen am interessantesten erschien. Das Wohlbefinden von Gruppe A war deutlich höher als von Gruppe C und der Abstand zu Gruppe B was noch höher. Sie schliefen besser und trieben mehr Sport.

Allgemein haben seine Studien im Verlauf von 15 Jahren ergeben, dass dankbare Menschen zufriedener sind, sich wohler fühlen und bessere soziale Beziehungen haben. Die Dankbarkeit zu artikulieren macht uns selbst und die anderen glücklich! Jeder mag Menschen, die ihre Mitmenschen zu schätzen wissen und ihre Zuneigung und Wertschätzung ausdrücken. Das Zeigen von Dankbarkeit ist sehr heilsam für soziale Gefüge und macht die Beziehungen zueinander liebevoller. Außerdem betrachten dankbare Menschen andere wohlwollender und sehen eher das Gute in ihnen und ihrem Benehmen. Dadurch sind sie großzügiger und nachsichtiger, weniger nachtragend und besitzen mehr Empathie. Sie nehmen auch neutrales Verhalten eher als positiv wahr, da sie ihren Fokus auf das Positive ausgerichtet haben. Daher besitzen sie auch mehr Sensibilität für Freundlichkeiten und nehmen sie verstärkt wahr.
Außerdem waren die dankbaren Menschen weniger einsam und depressiv, widerstandsfähiger bei Belastung, ausgeglichener, hoffnungsvoller und schliefen besser. Die Dankbarkeit wirkt wie ein psychologisches Immunsystem, da sie vor Ängsten und Stress schützt.
Dankbare Menschen sind insgesamt erfolgreicher bei der Erreichung ihrer Ziele, denn Dankbarkeit und Undankbarkeit haben direkte Auswirkungen auf das Verhalten der Menschen. Mangelnde Wertschätzung führt zu Verschwendung und unachtsamem Umgang (z.B. Wasser), Vernachlässigung oder schlechter Behandlung (z.B. Partnerschaft), mangelndem Einsatz (z.B. Bildung).
Dankbarkeit dagegen fördert z.B. die Pflege und Vorsicht (z.B. Kaffeevollautomat, eigener Körper), Reparatur und Reinigung (z.B. Auto), Anstrengung und Mühe (z.B. Studium)
Körperlich aüßerte sich die Dankbarkeit darin, dass die Dankbaren mehr Sport trieben, besser schliefen, aktiver waren, weniger rauchten, weniger Alkohol tranken, seltener Bluthochdruck hatten (10-15%), bessere Blutfettwerte (HDL↑, LDL↓) und weniger Kreatinin in der Niere. Das hat verschiedene Gründe, wie den Einfluss unseres Unterbewusstseins und der Psyche auf den Körper aber auch ein verstärktes Bewusstsein für den Körper als kostbares Geschenk (bei uns: amana), auf das man aufpassen muss. Dankbare Menschen haben auch weniger Schmerzen und sind weniger aggressiv.


6.       Dankbarkeit üben

Dankbarkeit verwandelt also negative Einstellungen wie z.B. eine Opferhaltung in Lebensfreude und durchbricht den Teufelskreis der Negativität. Aber nur regelmäßiges Training hat solche langfristigen Auswirkungen. Durch Neuroplastizität verändert sich dann nachhaltig die Gehirnstruktur. Besonders stark ist der Effekt auf das Unterbewusstsein, wenn die Wünsche und Gedanken mit Emotionen verknüpft sind und wenn man sie visualisiert. Dankbarkeit ist eine starke Emotion, die viel Energie in sich trägt.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich in Dankbarkeit zu üben:
  •  Man kann ein Dankbarkeitstagebuch führen, in das man entweder morgens oder abends drei Dinge schreibt, für die man dankbar ist und sich dabei von Herzen dankbar fühlen
  •  Man kann sich täglich folgende Fragen stellen: Wofür bin ich anderen Menschen heute        dankbar? Wofür bin ich mir selbst heute dankbar? Wofür bin ich Allah heute dankbar?
  •  Dabei kann man schöne Erinnerungen nochmal erleben indem man sie visualisiert
  •  Man kann Bittgebete machen und dabei Allah danken         Man kann einen Erinnerungsgegenstand bei sich tragen, der einen daran erinnern soll, die guten Dinge nicht als selbstverständlich anzusehen·        
  • Man kann sich angewöhnen, Dankbarkeit öfter verbal zum Ausdruck zu bringen, indem man Alhamdulillah sagt aber auch den anderen Menschen gegenüber öfter dankt.·        
  • Wenn einem Gutes widerfährt kann man 2 Rakat beten oder Sudschud machen·        
  • Allah häufig lobpreisen und dhikr machen. (z.B je 33* SubhanAllah, Alhamdulillah und Allhu Akbar
  • Vor dem Schlafen allen Menschen vergeben und das Herz rein halten (wie einer der Bewohner des Paradieses)
  • Freiwillige Gebete in der Nacht verrichten, wie unser Prophet Muhammad (sas) es zu tun pflegte. Seine Frau Aischa fragte ihn, warum er so viel beten würde, wo doch Allah ihm alle Sünden, die vergangenen und die zukünftigen, bereits vergeben habe. Er antwortete ihr: Soll ich denn nicht ein dankbarer Diener sein?




Denn nur mit dem Herzen sieht man gut....



ٱللَّهُ نُورُ ٱلسَّمَـٰوَٲتِ وَٱلۡأَرۡضِ‌ۚ مَثَلُ نُورِهِۦ كَمِشۡكَوٰةٍ۬ فِيہَا مِصۡبَاحٌ‌ۖ ٱلۡمِصۡبَاحُ فِى زُجَاجَةٍ‌ۖ ٱلزُّجَاجَةُ كَأَنَّہَا كَوۡكَبٌ۬ دُرِّىٌّ۬ يُوقَدُ مِن شَجَرَةٍ۬ مُّبَـٰرَڪَةٍ۬ زَيۡتُونَةٍ۬ لَّا شَرۡقِيَّةٍ۬ وَلَا غَرۡبِيَّةٍ۬ يَكَادُ زَيۡتُہَا يُضِىٓءُ وَلَوۡ لَمۡ تَمۡسَسۡهُ نَارٌ۬‌ۚ نُّورٌ عَلَىٰ نُورٍ۬‌ۗ يَہۡدِى ٱللَّهُ لِنُورِهِۦ مَن يَشَآءُ‌ۚ وَيَضۡرِبُ ٱللَّهُ ٱلۡأَمۡثَـٰلَ لِلنَّاسِ‌ۗ وَٱللَّهُ بِكُلِّ شَىۡءٍ عَلِيمٌ۬ (٣٥ 


Allah ist das Licht der Himmel und der Erde. Sein Licht ist gleich einer Nische, in der sich eine Lampe befindet: Die Lampe ist in einem Glas; das Glas gleich einem funkelnden Stern. Angezündet (wird die Lampe) von einem gesegneten Ölbaum, der weder östlich noch westlich ist, dessen Öl beinahe leuchten würde, auch wenn das Feuer es nicht berührte. Licht über Licht. Allah leitet zu Seinem Licht, wen Er will. Und Allah prägt Gleichnisse für die Menschen, und Allah kennt alle Dinge. (24:35) 

In diesem Vers beschreibt Allah sich selbst als das Licht der Himmel und der Erde. Im Qur’an finden wir immer wieder das Thema und Gleichnisse von Licht und Dunkelheit. Allah beschreibt auch den Qur’an beziehungsweise die Offenbarung als Licht:
Fa aminu bi LLahi wa rasulihi wan-nur alladhi ansalna. 
Glaubt an Allah und Seinen Gesandten und an das Licht, das Wir herabgesandt haben. Die Engel sind ebenfalls Lichtgestalten, denn sie wurden aus Licht erschaffen.

Wenn Allah Gleichnisse prägt im Qur’an müssen wir zuerst etwas begreifen: Es gibt zwei Realitäten. Es gibt die physische Realität und die spirituelle Realität, das Sichtbare und das Unsichtbare. Wir haben alle einen Körper, der ein Teil ist der physischen Realität. Aber wir haben auch noch etwas anderes in uns, das kein Arzt bei seinen Untersuchungen finden kann. Unsere Seele, unser Iman in unserem Herzen, all dies ist für unsere Augen unsichtbar. Der Herzschlag eines Muslim unterscheidet sich nicht von dem eines nicht-Muslim. Es gibt also das körperliche Herz, das das Blut durch unsere Adern pumpt und es gibt ein spirituelles Herz in einer anderen Dimension, in der Wirklichkeit des Verborgenen. Wenn Allah uns etwas begreiflich machen will, spricht er Dinge an, die wir sehen können und benutzt diese Wirklichkeiten, um uns das Verborgene zu erklären, also um geistige Naturgesetze oder Zusammenhänge greifbar zu machen.

Wir können die Ruh (die Seele, die Allah uns eingehaucht hat) nicht sehen, wir können die Engel nicht sehen, die auf unseren Schultern sitzen oder die Schaijatin, die uns einflüstern. Licht und Dunkelheit dagegen sind Dinge, mit denen wir durchaus vertraut sind. Was ist unser Erfahrung mit dem Licht?
Das Licht, das Allah für uns erschaffen hat ist die Sonne. Wenn wir die Sonne mit dem Licht vergleichen, das wir nachzumachen versuchen, werden wir niemals auch nur annähernd an Allahs Licht heranreichen. Egal wie viele Lichter wir in einer Stadt anzünden werden, der Himmel wird dunkel bleiben. Das einzige, was einen Nachthimmel erleuchten kann ist der Mond, der ebenfalls von Allah als Leuchte für uns geschaffen wurde, die das Licht der Sonne für uns reflektiert, so dass wir nicht in völliger Dunkelheit herumirren müssen. Nichts ist damit vergleichbar wie Allah die Welt erleuchtet. Auch wenn wir alles Geld der Welt darin investieren, die Welt zu erleuchten würden wir doch niemals an die Sonne herankommen. Und das von Menschen erzeugte Licht wäre nicht in der Lage, den Pflanzen die Photosynthese zu ermöglichen oder die Erde und Meere zu erwärmen oder Strom zu liefern. Allahs Licht ist unvergleichlich.

Dann ist da noch ein weiterer Aspekt. Wir brauchen 2 Dinge, um sehen zu können:  Es muss Licht vorhanden sein und unser Augenlicht muss vorhanden sein. Wenn eines davon fehlt, können wir nichts sehen. Wenn es keinerlei Licht gibt, können unsere Augen noch so gut sein, wir werden nur Schwärze sehen. Andererseits, wenn ein Blinder Mensch im hellen Tageslicht steht, kann er dennoch nicht sehen. Die Araber haben das Wort Licht nicht nur für Lampen oder ähnliches benutzt, sondern auch für die Augen, für das Augenlicht. Es gibt also zwei Arten von Licht. Eines, das wir schon in uns haben und das Licht, das von außen kommt. Und nur wenn beide vorhanden sind, können wir wirklich etwas sehen.

Wenn wir diese Erkenntnisse nun auf die unsichtbare Realität übertragen, erkennen wir folgendes:
Allah hat in jedes menschliche Wesen etwas von Seinem Licht gegeben, schon bevor es geboren wurde. Es ist das Licht der Fitra, mit dem jeder Mensch ausgestattet wurde. Jedes Baby wird rein und gut geboren und erst durch die Erziehung und die Erfahrungen die das Kind erfährt kann sich dieser Zustand ändern. Das äußere Licht in der geistigen Welt ist das Licht der Offenbarung, der Qur’an und die anderen Schriften. Es kann sein, dass ein Mensch Licht in sich trägt und sich fragt: was ist der Sinn des Lebens? Es kann doch nicht nur darum gehen, zu essen, zu schlafen und zu sterben. Es muss doch noch mehr geben. Überall auf der Welt fragen sich Menschen diese Fragen und suchen nach Antworten. Das Licht in ihnen sucht nach der Wahrheit. Und sie suchen vergeblich, bis Allah Sein Licht bringt. Ohne Allahs Licht sind sie wie Menschen mit weit aufgerissenen Augen, die in einem völlig dunklen Ort umherirren ohne Orientierung. Wenn dann Allahs Licht kommt, begreifen sie plötzlich die Realität, sie können die Wahrheit erkennen.

Wozu brauchen wir Licht? 

1.) Leben
Ohne Licht könnte kein Leben existieren, denn die Pflanzen und dadurch auch die Tiere brauchen das Licht als Energiequelle. Ohne Licht gibt es also kein Leben. Das gleiche gilt für das spirituelle Leben des Menschen. Ohne das Licht von Allahs Rechtleitung gibt es kein geistiges Leben. Menschen, die kein Bewusstsein von Allah haben sind geistig so gut wie tot. Ihr Körper funktioniert vielleicht ganz normal, aber geistig sind sie wie wandelnde Tote. Darum sagt Allah zu Seinem Propheten: um die zu warnen, die lebendig sind. Und Allah meinte damit nicht, dass Muhammad (sas) nicht vor den Gräbern predigen solle ;-) Man kann nur Menschen warnen, die noch Leben in sich haben, das Leben des Geistes durch ihr inneres Licht.

2.) Orientierung
Das Zweite wozu wir Licht brauchen ist, um unseren Weg zu finden. Wenn wir tagsüber unterwegs sind, haben wir kein Problem uns zu orientieren. Aber in der Dunkelheit wissen wir nicht, wo wir sind und wohin wir gehen, wo Osten oder Westen ist oder ob vor uns ein Abgrund lauert. Wenn wir zum Beispiel mit dem Auto unterwegs sind, müssen wir zumindest die Autoscheinwerfer anmachen, um nicht von der Straße abzukommen. Sogar die Orientierung anhand der Sterne ist auf das Licht Allahs in Form dieser Sterne angewiesen. Ohne das Licht, das Allah auch nachts in den Himmel gelegt hat, wäre keine Orientierungsmöglichkeit vorhanden. Genauso wenig kann ein Mensch Rechtleitung finden ohne Allahs Licht. Wir könnten niemals unser Ziel erreichen. Wir wüssten nicht, welchen Weg wir einschlagen sollen und wo wir am Ende hinkommen bzw. wohin wir zurückkehren. Wir würden uns vielleicht einbilden, dass wir auf der Erfolgsspur sind, während diese uns gerade ins Verderben führt. Nur Allahs Licht lässt uns sehen, was wahrer Erfolg ist.

3.) Wahrnehmung von Schönheit
Ein dritter Grund, warum wir Licht brauchen ist, dass ohne Licht, nichts wirklich schön ist! Man könnte an dem schönsten Ort der Welt sein, auf einem Berg, von dem aus man die sonnenbestrahlten, schneebedeckten Berge und sattgrünen Wälder sehen kann, das glitzernde Wasser eines klaren Sees, die bunten Blumen auf einer Sommerwiese und vieles mehr. Dieser Ort ist schon wunderschön, wenn es bewölkt ist, aber wenn die Sonnenstrahlen ihn treffen, wird er magisch. Wenn wir aber um Mitternacht wiederkämen und auf diesem Berg stünden und es gäbe keinerlei Licht, was würden wir dann sehen? Nichts! Oder wenn wir etwas sehen könnten, dann nur weil der Mond es beleuchtet mit Licht von Allah. Wenn nicht wenigstens etwas von Allahs Licht vorhanden ist, ist die Schönheit tot. Nichts ist davon übrig! Dieser Ort wäre für uns nicht nur nicht schön, er wäre auch das pure Grauen, weil die Dunkelheit uns Angst macht. Überall könnten Gefahren lauert, Abgründe, wilde Tiere, Stolpersteine, Dornen und ähnliches. So gibt es auch in der spirituellen Welt ohne Allahs Licht nur Dunkelheit, Hässlichkeit, Angst und Hoffnungslosigkeit. Im Licht von Allahs Offenbarung werden alle Dinge schön für die Gläubigen. Im Lichte des Iman können wir Schönheit in allem sehen, auch in Prüfungen und Schwierigkeiten, die wir in Geduld ertragen im Vertrauen auf Allahs Weisheit und der Hoffnung auf Seine Belohnung. Andererseits werden alle Dinge in dieser Welt, wie schön sie auch auf den ersten Blick erscheinen mögen, für die Menschen ohne das Licht des Iman sinnlos und bringen keine wahre Zufriedenheit. Es bleibt immer eine innere Leere und Unerfülltheit. Die Menschen neigen dazu zu denken, dass sie ihr Glück durch Reichtum oder Ruhm oder die Liebe finden werden, aber wenn sie das dann erreicht haben und es fehlt die Schönheit von Allahs Licht, sind sie enttäuscht, frustriert, fangen vielleicht an Drogen zu nehmen um diese Gefühle zu betäuben oder begehen sogar Selbstmord.

4.) Selbsterkenntnis
Der vierte Aspekt ist, dass wir Licht auch brauchen, um uns selbst zu sehen und zu erkennen. Ohne Licht könnten wir nicht nur andere nicht sehen, wir könnten uns nicht einmal selbst erkennen, auch wenn wir vor einem Spiegel stünden. Wir wüssten nicht ob wir schön oder hässlich sind, schmutzig oder sauber, ob an uns irgendein Insekt herumkrabbelt, wo wir sind und ob wir uns in Gefahr befinden; wir wüssten nichts über uns! Wir sind dann auch nicht mehr in der Lage, uns um den Zustand unseres Körpers zu kümmern. Wenn jemand lange Zeit in Dunkelheit verbringen müsste und sich danach sieht, würde sich selbst nicht mehr wiedererkennen können, weil sie sich nicht pflegen konnten, sich waschen, die Haare nicht schneiden oder kämmen und weil sie mit der Zeit vergessen, sie sie einmal aussahen. Allah sagt: Wa la takuna kalladhina nasu LLah fa ansahum anfusahum. Seid nicht wie die Leute, die Allah vergessen haben und Allah ließ sie sich selbst vergessen. Sie haben Allahs Licht nicht mehr in sich, also ließ Allah sie sich selbst nicht mehr richtig sehen. Sie vernachlässigten ihre geistige Entwicklung und haben ihr Licht verschüttet. Deshalb gingen ihr wahres Wesen und die Fitra verloren, so dass sie nicht mehr wissen, wer sie sind und wer sie einmal waren.

5.) Gewissheit
Ein weiterer Punkt ist, dass wir ohne Licht den Bezug zur Realität verlieren. Wir erkennen vielleicht irgendwelche Schatten und interpretieren etwas hinein, wie ein Kind in seinem Bett Angst vor einem Kleiderständer bekommt und vor Angst schreit, weil er ihn für ein Monster hält. Dann kommt der Vater und macht das Licht an und sofort wird klar: es ist nur ein Kleiderständer! Aber die Dunkelheit eröffnet Raum für Spekulationen. Es gibt keine Gewissheit ohne Licht. Die Dinge sind oft anders, als sie scheinen. In der Dunkelheit kann man die Realität nicht vom Trug unterscheiden. Wir können nicht mehr beurteilen, ob das was vor uns ist gut oder schlecht ist, was wir lieber vermeiden sollten und was wir anstreben sollten. Im übertragenen Sinn wissen wir ohne Allahs Licht nicht, ob das, worin wir verwickelt sind gut oder schlecht für uns ist. Wir haben ohne Rechtleitung kein Urteilsvermögen, das uns den wahren Nutzen oder Schaden unserer Taten zeigt. Wir denken vielleicht, dass wir gut sind und rennen in der Dunkelheit selbstbewusst durch die Gegend, um dann gegen eine Wand zu rennen oder in ein Loch zu fallen. Allah sagt über solche Menschen, dass sie die größten Verlierer sind. Sie haben ihre eigenen Maßstäbe an ihr Handeln angelegt und sind der Meinung, zu den Guten zu gehören, aber ohne das Licht des Glaubens ist alles was sie tun am Ende nur selbstzerstörerisch und bringt ihnen keinen Nutzen.

6.) Hoffnung
Ein letzter Punkt, der auch in der gesamten Weltliteratur immer wieder aufgegriffen wird: Licht ist ein Symbol für Hoffnung. Dunkelheit wird immer mit Traurigkeit assoziiert. Wenn jemand dich freut, sagt man, er strahlt. Sein Gesicht leuchtet förmlich. Während ein böser und grimmiger Mensch Finsternis ausstrahlt. Es gibt viele Sprichwörter, die das Thema Hoffnung mit Licht in Verbindung bringen: Das Licht am Ende des Tunnels, die größte Dunkelheit kommt direkt vor der Dämmerung, neuer Tag, neues Glück, es wird die Sonne wieder scheinen, heile heile Segen, drei Tage Regen, drei Tage Sonnenschein, dann wird alles besser sein…. usw. In Gegenden nahe der Pole kommt es zu Zeiten, in denen es fast immer und zeitweise immer dunkel ist. Man hat festgestellt, dass dort Depressionen weit verbreitet sind. Es gibt Dinge wie Lichttherapie, bei der die Stimmung von Menschen aufgehellt werden soll mithilfe von Licht, das die Produktion von Melatonin reguliert bzw. reduziert. Das ist Wissenschaft. In sonnigen Gegenden sind Menschen in der Regel ausgelassener und aktiver. In kalten und verregneten Gegenden sind Menschen häufiger bedrückt und mutlos. Wir sind also so veranlagt, dass Licht uns optimistisch und glücklich macht. Wenn wir im übertragenen Sinne das Licht Allahs in unseren Herzen haben in Form von Iman, sind wir ausgeglichener, hoffnungsvoller, glücklicher und beruhigter. So wie Allah sagt: Ala bi dhikri Llahi tatma’innu l-Qulub, dass die Herzen der Gläubigen ihre Geborgenheit im Gedenken Allahs finden. Ohne Hoffnung verlieren die Menschen ihren Lebensmut. Ohne die Hoffnung auf Allahs Belohnung, auf Seine ausgleichende Gerechtigkeit und das Vertrauen auf Seine Weisheit in allem was uns trifft, gibt es keine Ruhe und keinen Frieden im Leben, sondern nur Unzufriedenheit und Hoffnungslosigkeit.

Das Gleichnis der Nische

Kommen wir nun zu dem Gleichnis, das Allah uns geprägt hat. Er sagt, das Beispiel seines Lichtes ist das einer Nische, in der sich eine Lampe befindet. Die Nischen früher hatten gewölbte Wände, so wie heute noch in manchen Moscheen, so dass das Licht von der Wand abgestrahlt und im ganzen Raum verteilt wurde. So konnte schon ein kleines Licht einen Raum erleuchten. Das ist übrigens die gleiche Form wie unser Brustkorb! Der Rippenbogen ist genauso gewölbt wie eine Nische. In der Nische ist eine Lampe. Die Lampe in unserer Brust ist das menschliche Herz, in das Allah von Seinem Licht eingehaucht hat. Wenn Allah von einer Lampe redet, redet er von einer dunklen Nacht. Sonst würde man keine Lampe brauchen. Hier wird ein Bild von früher kreiert, als die Menschen in der Nacht noch keinen Strom und Straßenlaternen hatten, sondern nachts ein kleines Licht in einer Nische angezündet haben, um sich in den Wohnungen zurechtzufinden. Diese Lampe, sagt Allah, ist umgeben von einem Glasbehältnis, das so klar ist, dass es fast schon von alleine leuchtet. Sobald auch nur das geringste Licht darauf fällt sei es vom Mond oder den Sternen, funkelt und strahlt es selbst wie ein Stern am Himmel. Das ist auch wichtig, denn ein Glasbehälter um ein Feuer bleibt nicht von alleine klar und sauber. Es verrußt schnell und muss ständig gereinigt werden! Auf die gleiche Art und Weise müssen wir ständig unsere Herzen von den Sünden reinigen, damit das Licht das Glas durchdringen und für uns scheinen kann. Schaitan greift uns ständig an in unseren Brüsten um uns von Allah abzulenken und unsere Lampen zu vernachlässigen. Wenn wir zulassen, dass unser Glas immer schwärzer und dreckiger wird, berauben wir uns selbst dieses Lichts. Es ist dann nicht mal mehr als Glas oder Lampe erkennbar. 

Was ist dieses Licht in dem Gleichnis, dass Allah in der Lampe entzündet? Es ist die Ruh, die Seele, die jedem menschlichen Wesen eingehaucht wird, wenn er sich noch im Mutterleib befindet. Es ist übrigens sehr interessant, dass das menschliche Herz etwa in dem Zeitraum anfängt zu schlagen, wenn Allah dem Menschen die Seele einhaucht, nach ca. 40 Tagen! Jeder Mensch wurde mit diesem reinen Licht ausgestattet in diesem funkelnden Herzen, aber die Lampe braucht ständige Pflege, sonst wird das Licht mit der Zeit, wenn der Mensch beginnt, sich von seiner Fitra abzuwenden, darin verdunkelt und abgeschirmt.

Dieses Licht wird gespeist von dem Öl eines Olivenbaums. Allah sagt, dieser Baum ist ein gesegneter Baum, der weder dem Osten noch dem Westen zugehört. Was bedeutet das hier in diesem Gleichnis? Der Baum steht alleine in der Mitte einer offenen Fläche und wird den ganzen Tag von der Sonne beschienen. Wäre der Baum an der Seite eines Waldes, würde der Wald von einer Seite die Sonne abschirmen bei ihrem Auf- oder Untergang. Dies ist hier nicht der Fall. Dieser Baum ist immer mit der Sonne verbunden, so wie der Brennstoff unserer Herzen immer mit Allah verbunden ist. Allah sagt uns damit: jedes einzelne menschliche Wesen, das Allah jemals erschaffen hat, ist gut. Jeder hat etwas Reines in sich, das von Allah kommt. Solange wir atmen, können wir wieder auf dieses Licht zugreifen und zu Allah zurückkehren, auch wenn wir das Glas schmutzig werden ließen. Das Licht bleibt immer da. Es gibt immer Hoffnung. Es gibt ein Hadith, in dem uns gesagt wird, dass es im menschlichen Körper ein Stück Fleisch gibt. Ist dieses gut, ist der ganze Mensch gut. Ist es schlecht, ist der ganze Mensch schlecht. Dieses Stück Fleisch ist das Herz. Wenn es leuchtet, wird der ganze Körper erleuchtet durch die Nische des Brustkorbes.

Allah beschreibt sein Licht weiter: Das Öl möchte fast von alleine in Flammen aufgehen, obwohl es kein Feuer berührt hat. Das Öl möchte das Feuer einfangen. Wenn man mit Feuer in die Nähe von Benzin oder Petroleum geht, können schon die Dämpfe, die ausströmen sich entzünden. So ist es auch mit den Herzen der Menschen. Solange sie noch nicht ganz verdorben sind, suchen sie nach etwas. Wenn man mit Menschen spricht, die den Islam angenommen haben, sagen viele so etwas wie: ich hatte das Gefühl, das etwas fehlt und habe immer weiter gesucht. Irgendetwas in mir hat mir gesagt, dass es da noch mehr geben muss. Und als ich dann den Islam gefunden habe, hat er mich erfüllt und entflammt.

Allah sagt weiter: Licht über Licht. Was bedeutet das? Nun treffen zwei Lichter zusammen. Das Licht im Herzen des Menschen und das Licht der Offenbarung. Es ist wie mit dem Augenlicht und dem Licht von außen. Erst wenn beides zusammenkommt, kann man sehen. Erst wenn das innere Licht des Herzens mit dem Licht der Offenbarung zusammentrifft, eröffnet sich eine neue Welt für die Gläubigen. Dieser Moment ändert alles. Dieser Moment ändert die gesamte Wahrnehmung des Lebens und des Todes. Alles wird auf einmal in ein anderes Licht gerückt, ins richtige Licht gerückt und der wahre Wert aller  Dinge und Handlungen wird erkennbar. Wenn eines der beiden Lichter fehlt, bleibt diese Wirklichkeit verborgen und der Mensch kann sie nicht sehen.

Wenn das Glas zu schmutzig ist, kann das Licht der Offenbarung nicht zu der Seele des Menschen vordringen und ihr Nutzen bringen. Die Herzen sind versiegelt. Andererseits kann auch ein Mensch, der gut ist und aufrichtig sucht nicht zur vollen Wahrheit gelangen ohne die Offenbarung seines Schöpfers. Dieser Mensch mag zwar hier oder da einen Funken Licht finden, aber dieses Licht ist höchstens wie eine Lampe im Vergleich zur Sonne von Allahs Licht. Erst wenn wir der Sonne von Allahs Licht ausgesetzt werden, sehen wir wirklich. Dann erst bekommt alles Schönheit, so wie der Blick auf ein sonnenbestrahltes Tal.

Und noch eine bemerkenswerte Sache über Licht. Wenn Licht eine bestimmte Farbe hat, erscheinen alle Dinge, die es bestrahlt, in dieser Farbe. Wenn wir in einem Fotolabor stehen mit Rotlicht, sehen wir alles rot. Wenn nun die Dinge mit dem Licht von Allah bestrahlt werden, sehen wir alles in Allahs Licht. In der Farbe, die Er den Dingen gibt. Sibrata-Llah wird das im Qur’an genannt. Die Farbe, die Allah gefällt. Wir sehen die Realität so, wie Allah sie uns zeigt. Dadurch wird unser Standpunkt sich in vielen Dingen vom Standpunkt aller anderen unterscheiden, denen dieser Blick fehlt. Ein erleuchteter Mensch sieht in allen Dingen auf einmal die Zeichen Allah. Er erkennt dann zum Beispiel in einem Baum ein Gleichnis für den Glauben als tiefe, feste Wurzeln und gute Taten in Form der süßen Früchte, wo alle anderen nur einen Baum sehen.

Allah beschreibt sich selbst als das Licht der Himmel und der Erde.
Bevor wir auf diese Erde kamen, waren wir alle schon einmal in der Gegenwart Allahs und Er hat mit uns gesprochen. Allah hat alle Seelen versammelt und gefragt: Bin ich nicht euer Herr? Wir haben alle geantwortet: Doch, wir bezeugen es. In dieser Situation waren wir direkt dem Licht und der Schönheit Allahs ausgesetzt und dieses Licht hat unsere Seelen erhellt. Wenn nun das Licht Allahs unsere Herzen trifft, nachdem wir auf der Erde geboren wurden, erkennen wir es als das gleiche, vertraute Licht wieder, das unsere Seelen damals berührt hat. Auch wenn wir uns nicht an dieses Treffen erinnern, erinnern wir uns doch an die Schönheit und Perfektion von Allah. Dieses Gefühl unterscheidet den Menschen beispielsweise von den Tieren, die nicht ständig versuchen, sich selbst und ihre Umgebung zu verschönern und zu schmücken. Der Mensch versucht immer, alles schön zu machen. Das Essen soll gut schmecken, schön aussehen, dekoriert sein, die Gebäude, die wir errichten, die Ornamente in den Moscheen, die Kalligraphien, Kunst, Gesang usw. Allah ist schön und liebt die Schönheit. Diese Liebe zur Schönheit haben wir auch in uns, aber nichts, was wir erschaffen können, kommt an die Schönheit Allahs heran, die wir bei der Begennung mit Ihm wahrgenommen haben. Diese Suche nach immer mehr Schönheit soll uns zum Allerschönsten hinführen, unserem Schöpfer.
Allah beendet diesen Vers indem Er sagt: Allah wird wen immer er will zu Seinem Licht führen. Wir kehren alle am Ende zu Allah zurück und wer am Licht Allahs festgehalten hat wird im Paradies als schönste Belohnung nicht etwa die Gärten und Paläste und Früchte bekommen. Die größte Freude und Belohnung wird sein, dass wir das Angesicht Allahs sehen dürfen und erneut in Seine Gegenwart gelangen. Das Licht seiner Schönheit, zu dem Er uns zurückführen wird, wenn Er es will. Dann werden wir erst wahrhaft zufrieden sein, denn es gibt nichts, was schöner ist. Wir werden angekommen sein und unseren Frieden finden, denn unsere Suche wird ein Ende haben.

Allah gibt uns diese Gleichnisse, damit wir davon profitieren. Wir brauchen diese, um die geistigen Wahrheiten zu verstehen. Er vereinfacht die Zusammenhänge für uns mit Begriffen, die wir verstehen können. In diesem Vers beschreibt uns Allah mithilfe des Lichtes in der Lampe die Reise unserer Seele von ihm und zu Ihm zurück.